Die ersten Castoren warten - Update und Einschätzung
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- Erstellt: Sonntag, 11. Juni 2017 10:30
Update und Einschätzung der aktuellen Situation
(Pressemitteilung, 11.06.17) Die heutige Presse-Info des Bündnis Neckar castorfrei umfasst diese Themen:
- aktueller (Still-)Stand
- Bereitstellungslagerung ohne Genehmigung
- mögliche Transporttermine
- kreative Fakten des Umweltministers zum Castoren-Lager in Neckarwestheim
- unsere Pläne
Aktueller (Still-)Stand
Seit Erteilung der Transportgenehmigung für die 15 Obrigheimer Castoren sind fast vier Wochen vergangen, vier Wochen mit Funkstille seitens der EnBW. Diese Zeit hat längst ausgereicht zum Beladen der ersten drei Castoren, und vermutlich hat man den ersten lange vorbestimmten Transporttermin bereits verstreichen lassen. Warum lässt man die Schiffe so lange in Neckarwestheim warten und die beladenen Castoren in Obrigheim so lange ohne Lagergenehmigung herumstehen?
Vermutlich möchten EnBW und Atomaufsicht sich nicht die Blöße geben, angesichts der gerichtlichen Eilanträge der Gemeinde Neckarwestheim tatsächlich auf die irre Logik der Transportgenehmigung zu setzen: diese hat ja postuliert, es sei doch völlig egal, ob ein Gericht vor oder erst nach den Transporten über deren Rechtmäßigkeit entscheide.
Bereitstellungslagerung ohne Genehmigung
Laut Auskunft der Bundesamtes (BfE) benötigt die EnBW zur Bereitstellungslagerung der Castoren zwischen Befüllung und Transport eine extra Genehmigung. Eine solche existiert aber nicht. Das zuständige Umweltministerium in Stuttgart teilte mit, die Genehmigung zur Bereitstellungslagerung sei bereits in der ersten Stilllegungs- und Abbaugenehmigung von 2008 für das AKW Obrigheim („1. SAG“) enthalten. Tatsächlich steht in dieser 1. SAG kein Wort von einer solchen Bereitstellungslagerung, was auch nicht verwundert, denn diese war damals überhaupt nicht vorgesehen, da die EnBW ja noch bis 2012 nur den direkten Transport der befüllten Castoren in die (nie gebaute) Lagerhalle vor Ort geplant und mit der 1. SAG beantragt hatte. „Diese beliebige Umdeutung einer alten Genehmigung ist sicher kein Kennzeichen eines transparenten, verlässlichen, sorgfältigen und rechtsstaatlichen Ministeriums“, kritisiert F. Wagner vom Bündnis Neckar castorfrei, „sondern sie zeigt eine Hemdsärmeligkeit, die angesichts der Gefährlichkeit der Castoren schockiert, auch wenn es fast nahtlos an die berüchtigten früheren Vorgänge in Obrigheim anschließt.“
Mögliche Transporttermine
Die 5 Transporttermine plus vermutlich Reservetermine standen wohl schon längst vor Erteilung der Transportgenehmigung fest und sind in den Urlaubplänen der Polizei verankert. Auch die Vorbereitungen der Polizei waren ersichtlich auf einen ersten Transport Ende Mai oder Anfang Juni ausgerichtet. Nun lassen sich aber die Richter Zeit und somit hat die Gemeinde Neckarwestheim schon einen ersten Aufschub erzielt. Die Richter am Berliner Verwaltungsgericht wollen erst am Di. 20.6. bezüglich der Transportgenehmigung verhandeln und die Richter am Mannheimer Verwaltungsgerichtshof haben noch nicht einmal einen Termin für die Verhandlung über die Neckarwestheimer Lagergenehmigung gefunden. So könnte möglicherweise selbst das ebenfalls geheime zweite Zeitfenster für einen Transport verpasst werden, dieses hätten wir vielleicht sogar noch vor der Sperrung der Schleuse Lauffen vom 19. bis 25. Juni erwartet - oder ist die Sperrung gar eine Finte? „Wir werten jedenfalls weiterhin alle uns erreichbaren Informationen aus und beobachten alle relevanten Aktivitäten an der Neckar-Transportstrecke“, erklärt H. Würth das Vorgehen des Bündnisses Neckar castorfrei und ergänzt: „wir sind aber genauso auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen und freuen uns auch über Tipps aufmerksamer Journalisten.“
Kreative Fakten des Umweltministers zum Castoren-Lager in Neckarwestheim
Am 30. Mai erklärte Umweltminister Untersteller in einem PR-Interview in der Heilbronner Stimme und gleichlautend am nächsten Tag im Mannheimer Morgen: „Es gibt kein sichereres Zwischenlager in Deutschland als Neckarwestheim.“ Diese Behauptung darf man getrost zu den „alternativen Fakten“ zählen, und Untersteller dürfte das wissen.
Hier die tatsächlichen Fakten:
dass sich das „Zwischenlager“ in Neckarwestheim bzw. Gemmrigheim „in einem Berg befindet“ ist eine Übertreibung für den Steinbruchrand am AKW. Vor allem aber ist die Tunnelbauweise gegenüber freistehenden Hallen besonders brisant, denn ein Schaden am Bauwerk könnte viel gravierender zum Ausfall der ständig erforderlichen Luftkühlung der Castoren führen.
schon vergessen, Herr Untersteller, dass der Bau des Lagers damals monatelang unterbrochen werden musste, weil man sich mit der Geologie verschätzt hatte und das oberhalb liegende Verwaltungsgebäude abzusacken begann?
aber das wissen Sie bestimmt noch, Herr Minister, dass gerade in den Abluft- und Fluchtbauwerken des Lagers nachweislich minderwertiger Beton verbaut wurde, bei dem schon vor Ablauf von 40 Jahren mit Korrosion gerechnet werden muss? Ihr Ministerium hat da ja aktiv zwei Augen zu gedrückt und den genehmigungswidrigen Betrieb des Lagers mit nur kleinen Auflagen akzeptiert.
Das Castoren-Lager in Brunsbüttel ist ohne Genehmigung in Betrieb, weil Betreiber und Behörden nicht nachweisen konnten, dass das Lager auch genügend geschützt ist gegen Terrorangriffe und gegen Flugzeugabstürze. Auch wenn die anderen um 2005 gebauten Castoren-Lager auf dem Papier eine Genehmigung bekommen haben: bei keinem einzigen der Lager konnte diese Sicherheit gegen Abstürze und Angriffe belegt werden, auch in Neckarwestheim nicht! Anders lautende Behauptungen des Umweltministeriums erinnern an „des Kaisers neue Kleider“.
Es gibt Castoren-Lager, da ist das nächste laufende AKW weit entfernt. Diese Lager sind allemal weniger gefährdet als das Lager in Neckarwestheim. Würde Herr Untersteller seiner Verantwortung zum Schutz von Mensch und Natur gerecht und würde das gefährliche AKW Neckarwestheim II endlich stilllegen lassen, dann wäre das auch für das Lager in Neckarwestheim ein großer Sicherheitsgewinn.
Das sicherste Zwischenlager Deutschlands könnte es längst geben, und zwar in Obrigheim, wenn man unseren Vorschlägen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für ein Obrigheimer Castoren-Lager gefolgt wäre. Das war bereits 2008, und dieses Lager könnte längst gebaut sein.
Unsere Pläne
Sollte es tatsächlich zu einem ersten Transport kommen, dann werden wir am Tag der Fahrt der Transportschiffe von Neckarwestheim nach Obrigheim zu Protesten und Aktionen aufrufen und wir werden als Anlaufpunkt eine Mahnwache in Gundelsheim einrichten. Soweit es die Umstände zulassen, werden wird dann auch über alle Ereignisse informieren, beachten Sie bitte dazu auch unsere Angebote per Twitter, E-Mail-Newsletter und Alarm-SMS (Infos auf unserer Webseite).
Für den eigentlichen Transporttag haben wir dann in Heilbronn eine Mahnwache angemeldet und rufen in Heilbronn zu einer Demonstration auf.
Polizei und städtische Behörden haben die Pflicht, das Grundrecht auf Versammlung und auf freie Meinungsäußerung zu schützen, selbstverständlich auch bei einem Castortransport. Tatsächlich aber laufen in den Behörden die Planungen für jede Menge an Einschränkungen. Wir rechnen mit Behinderungen durch dann erst kurzfristig bekannt gegebene „Auflagen“ und mit dem (fast immer rechtswidrigen) Erlass von Allgemeinverfügungen mit Aufenthalts- und Demonstrationsverboten. Das wird unsere Proteste gegen diese fahrlässigen Transporte nicht bremsen - immerhin handelt es sich beim Inhalt der Castoren um den gefährlichsten Müll, den die Menschheit kennt.
www.neckar-castorfrei.de