Erster Prozess vertagt - nächster steht bevor!
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- Erstellt: Mittwoch, 04. April 2018 10:20
Info und Einladung zur Mahnwache am 11.04.2018
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Atomkraftgegner*innen, wir stecken mitten in den juristischen Folgen der Proteste.
Der erste Prozess hat begonnen, viele weitere folgen ab jetzt im raschen Abstand.
(Newsletter vom 4. April 2018) Seit Anfang des Jahres begannen die Repression gegen eine Vielzahl der beteiligten AktivistInnen Fahrt auf zu nehmen. Das Ordnungsamt Heilbronn erließ hohe Bußgeldbescheide und vom Amtsgericht wurden zwei Strafbefehle wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erlassen. Die Einsprüche gegen die Bußgeldbescheide und Strafbefehle werden gegenwärtig in rascher Folge vor dem Amtsgericht Heilbronn verhandelt.
In diesen Newsletter wollen wir euch kurz vom letzten Prozessauftakt und beispielhaft von den Eskapaden bei einem der anderen Prozesse berichten.
Zudem wollen wir euch zur Mahnwache und Begleitung des nächsten Prozesses einladen.
Bericht: Der Prozess gegen Micha vor dem AG Heilbronn wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde vertagt.
Am Gründonnerstag wurde einer der ersten Prozesse gegen einen Aktivisten vor dem Amtsgericht Heilbronn beim Amtsrichter Jäger verhandelt. Der Richter hatte sich gerade einmal 45 Minuten Zeit genommen für den gesamten Prozess, inkl. Zeugenvernehmung usw.. Doch der Prozess nahm einen überraschenden Verlauf, da er nicht etwa rechtskräftig abgeschlossen, sondern vertagt wurde.
Besonders empörend in diesem Verfahren war der Umstand, das der vom Betroffenen bestimmte Wahlverteidiger drei Tage vor dem Prozesstermin und mit haarsträubenden Argumenten - "Ausreißen von genmanipulierten Kartoffeln" - als nicht "vertrauenswürdig" abgelehnt wurde. Eine beantragte Akteneinsicht wurde nicht gewährt; eine ernste, faire Verteidigung und ein rechtsstaatliches Verfahren sind so nicht möglich!
Dem Betroffenen konnte in der verbleibenden knappen Zeit durch die hochmotivierte und solidarische Unterstützung anderer AktivistInnen eine neue Wahlverteidigerin vermittelt werden.
Aufgrund der Ablehnung des ursprünglich bestimmten Wahlverteidigers wurde unmittelbar nach Beginn des Prozesses ein Befangenheitsantrag gegen Amtsrichter Jäger gestellt.
Richter Jäger äußerte sein verblüfftes Erstaunen und seine Verwunderung über diesen Antrag,dabei war sein Verhalten mehr als offensichtlich befangen.
Trotz dieser irritierenden Äußerungen und mehrerer Versuche des Richters mit dem betroffenen Aktivisten in ein Gespräch zu kommen, beharrten der angeklagte Aktivist und seine Wahlverteidigerin auf dem Befangenheitsantrag.
Richter Jäger blieb also nichts anderes übrig, als den geladenen Polizeizeugen unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu schicken und den Prozess zu vertagen - zur Freude der über 20 solidarischen UnterstützerInnen im Saal.
Ein „einfach aburteilen“ der Beschuldigten wird es also nicht geben, es zeigt sich, dass sich Widerstand gegen die staatliche Repression auch im Gerichtssaal durchaus lohnen kann.
Bericht: Prozess gegen Patrick - Rechtsbeugung und Befangenheit auch im anderen Verfahren:
Es scheint als sei das Amtsgericht in Heilbronn mit politischen Protest überfordert. Das Beschuldigte auf ihre Rechte bestehen, statt Strafen blind zu zahlen scheint das Gericht zu irritieren.
So werden mache Anträge nicht beantwortet, andere rechtswidrig abgelehnt. Bei dem Verfahren gegen einen Aktivisten der Kletteraktion anlässlich des ersten Castor wurde ebenfalls die Verteidigung abgelehnt. Begründet wurde dies mit Zitaten aus einem Wikipedia-Artikel. Dass das Landgericht in Stuttgart bei einen vorherigen Verfahren eine Ablehnung mit ähnlicher Argumention abgelehnt hat sowie klargestellt, hat dass eine solche nicht rechtmäßig sein kann, scheint das Gericht nicht zu interessieren.
Weiterhin wurde die Gerichtsakte, welche zu Vorbereitung der Verteidigung unerlässlich ist, erst am Abend vor dem Prozess zugestellt. Weiterhin wurde ein eingereichtes ärztliches Attest des Betroffenen als unerheblich eingestuft.
Der Angeklagte sollte also ohne Verteidigung und die Möglichkeit sich vorzubereiten quer durch die Republik fahren, um sich dann trotz Krankheit schnell verurteilen zu lassen. Hier wurde versucht eine effektive Verteidigung unmöglich zu machen. Es wurde deshalb ebenfalls ein Befangenheitsantrag gestellt, der Richter hat sich jedoch ganz einfach selbst für nicht befangen erklärt, was eindeutig gegen die StPO verstößt. Ein Richter darf nicht Richter in eigener Sache sein. Wie es um das Verfahren steht, wissen wir gerade nicht, denn auch 14 Tage nach der „Verhandlung“ wurde der Beschluss nicht zugestellt. Was ansteht sind eine Rechtsbeschwerde und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Im April und Mai finden weitere Verfahren vor dem Amtsgericht Heilbronn gegen weitere AktivistInnen statt, die sich mit Sicherheit auch über eine entsprechende solidarische Prozessbegleitung freuen. Denn Solidarität die unsere schärfste Waffe gegen staatliche Repression.
Mahnwache und nächster Prozess am 11.04.2018
Am 11. April wird gegen Cécile prozessiert - hier gleich wegen zwei Protestaktionen gegen den ersten und dritten Castor-Transport. Es wurde beantragt den Prozess mit den Prozessen der anderen Beschuldigten zusammen zu legen.
Die Vorwürfe sind jeweils der „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“, genauer: das sich nicht Entfernen aus einer aufgelösten Versammlung. Die Verhandlung wird um 10:55 Uhr im Saal 145 beginnen.
Wir werden diesen Prozess nutzen, um die Castor-Transporte und die Repression gegen Atomkraftgegner*innen noch einmal in die Öffentlichkeit zu bringen.
Dafür werden wir vor dem Gericht eine Mahnwache abhalten und rufen speziell dazu auf, auch bei diesem Prozess als Zuschauer*in teilzunehmen.
Die Mahnwache startet am Mittwoch, den 11. April um 9:00 Uhr vor dem Amtsgericht Heilbronn, Wilhelmstraße 2-6, 74072 Heilbronn .
Weitere bis jetzt festgesetzt Gerichtstermine
10.04. 13:30 Uhr Tim Strafprozess
11.04. 10:55 Uhr Cécile Ordnungswidrigkeit
18.04. 09:30 Uhr Jonathan Ordnungswidrigkeit
26.04. 09:30 Uhr Aaron Ordnungswidrigkeit
26.04. 15:30 Uhr Kai Ordnungswidrigkeit
02.05. 10:00 Uhr Swantje Ordnungswidrigkeit
Unseren Protest gegen den Betrieb von Atomanlagen und Atommüll-Transporte setzen wir fort.
Unsere Forderung bleibt der sofortige Atomausstieg!
Euer
Bündnis Neckar castorfrei